Der Wille – der stärkste Muskel

Wie ein Unfall plötzlich alles durcheinander bringen kann, konnte ich kurz vor dem Jahreswechsel 2024 persönlich wieder einmal schmerzhaft erleben. Wieder hatte ich Glück im Unglück. An jenem Tag war im Verborgenen offenbar ein Schutzengel anwesend – anders kann ich es mir nicht erklären, wie ein solcher Aufprall keine gravierenden Konsequenzen haben konnte. Es war der 28. Oktober, als ich mit Anlauf frontal mit dem Kopf gegen eine gepolsterte Kante prallte. Eigentlich wollte ich den dort aufgebauten Parkour durchlaufen, doch daraus wurde nichts, weil ich vor lauter Eifer vergessen hatte, mich zu ducken. Alles geschah innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde und ehe ich es realisieren konnte, bekam meine Halswirbelsäule bereits die komplette Wucht des Aufpralls ab. Für einen kurzen Moment konnte ich mich nicht bewegen und saß benommen auf der Anlaufbahn. In der Halle war es still geworden – wo zuvor Stimmen erklangen, herrschte jetzt Ruhe.

Ich richtete mich selbst auf und schaffte den Weg von der Rampe alleine wieder zurück, weil die innere Stimme mir zuflüsterte, dass ich aufstehen müsse. Schnell war mir klar, dass die Beweglichkeit meines Halses eingeschränkt war – diesmal mehr als sonst. Von diesem Moment an tat jede kleinste Bewegung und jede noch so leichte Zuckung weh. Ich musste lernen, in den ersten Tagen meinen Hals möglichst wenig zu beanspruchen. Dementsprechend verlief die erste Nacht schlaflos. Stundenlang kämpfte ich mich durch die Nacht, in der Hoffnung, doch noch einzuschlafen. Und wieder einmal forderte das Leben mich durch eine unangekündigte Prüfung auf, durchzuhalten. Da ich in der Vergangenheit bereits einige solcher gesundheitlichen Herausforderungen gemeistert hatte, dachte ich, einigermaßen auf die kommende Zeit vorbereitet zu sein. Doch wie sollte ich mich auf etwas vorbereiten, dessen Ausmaß dieses Mal noch größer war als alles andere, was ich zuvor erlebt hatte? Neben den wöchentlichen Physio-Terminen, die ich neben meinen Alltagspflichten wahrnehmen musste, waren die schlaflosen Nächte eine zusätzliche Herausforderung, der ich mich stellen musste. Mitten in der Nacht mit Schmerzen aufzustehen, stellte für die ersten Monate nach dem Unfall eine neue Dimension der Lebensprüfung dar. Ich musste nun alles anwenden, was ich in den vergangenen Jahren in verschiedensten schwierigen Phasen meines Lebens gelernt hatte. In diesem Zusammenhang fiel die Bescherung 2024 etwas mäßig aus. Seit meinem Rausschmiss von zu Hause mit 19 Jahren (2006) habe ich ein distanziertes Verhältnis zum Thema Weihnachtszeit – dann, wenn sich viele für drei Tage so enormen Stress machen. Mit jedem Behandlungstermin wurden meine Schmerzen weniger und ich konnte langsam wieder in den Alltag zurückfinden. Es hätte auch schlimmer ausgehen können – so schlimm, dass ich meinen Kopf gar nicht erst hätte bewegen können, weil der Aufprall zu stark war. Diese Erkenntnis gab mir den Mut, mich nicht von den Schmerzen und ihren Folgen unterkriegen zu lassen. Für mich galt: Mein Wille war stärker als die Schmerzen, die vorübergehen mussten. Genau diese Einstellung beschleunigte letztendlich die Heilung. Jeder Unfall hat stets eine Botschaft. Innezuhalten. Stehenzubleiben. Das Tempo, mit dem man im Leben unterwegs ist, zu drosseln. So nahm ich ihn ebenfalls als Anlass, herunterzufahren. Ich forderte nicht nur meinen Geist, sondern auch meinen Körper dazu auf. Diese Zeit der Genesung hat meinen „Willensmuskel“ noch einmal gestärkt und ich konnte erneut viel aus einem Unglück lernen. Dass es stets einen Ausweg gibt, egal wie hoch der Leidensdruck in dem Moment sein mag. Dass es am Ende Hoffnung gibt, auch wenn die ersten Anzeichen davon meilenweit entfernt scheinen. Trotz der schwierigen Nächte ließ ich mir die jeweiligen Tage nicht rauben und machte das Beste daraus, auch wenn meine Energie im Sparmodus lief und ich erschöpft war. Ich hatte keine andere Wahl – oder besser gesagt: Ich wollte mich nicht anders entscheiden. Mit diesem Appell beende ich den

heutigen Artikel und gebe diese Botschaft weiter an meine Lesenden. Trainiert euren Willen für Zeiten, in denen es dunkel wird. Denn er wird euch eines Tages das Licht bringen, das euch als Kompass für den weiteren Weg dient.

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